Wir sind schlecht informiert

fritz zühlke

Was wurde eigentlich aus der Griechenlandkrise? Wie ist der aktuelle Stand bei den TTIP-Verhandlungen? Gibt es Neuigkeiten zur Energiewende? Welche Fortschritte macht der NSA-Untersuchungsausschuss?
Auf diese Fragen müsste man eigentlich recht schnell eine Antwort wissen. Doch in der Regel ist dem nicht so. Der Grund ist einfach: wir werden schlecht informiert. Seit einiger Zeit lässt sich ein neuer Trend in Nachrichtensendungen und -magazinen beobachten. Findet ein Ereignis wie die Flüchtlingskrise statt, wird sehr intensiv über dieses Thema berichtet. Die Nachrichtensendungen beschränken sich komplett auf dieses eine Top-Thema – und zwar nicht nur einen Tag lang, sondern oftmals über Wochen hinweg. Teilweise gibt es zusätzlich sogar noch Sondersendungen dazu. Sie haben in der Regel keinen Funken Mehrwert, vermitteln aber das Gefühl von Brisanz und kompetenter Berichterstattung. Zusätzlich haben wir die Möglichkeit, Breaking News und die weitere Entwicklung des Top-Themas in einem Liveticker zu verfolgen. Innerhalb von Minuten treffen neue Meldungen mit mehr oder weniger sinnvollen Informationen auf unserem Smartphone oder Computer ein.
Über andere Themen – auch solche, die vor Monaten selbst Top-Thema waren und noch immer aktuell sind – erfahren wir leider kaum bis gar nichts mehr. Beispiele dafür sind die eingangs aufgelisteten Fragen. Besonders negativ fiel in den letzten Wochen der Nachrichtensender n-tv auf.

©Fritz Zühlke/pixelio.de

©Fritz Zühlke/pixelio.de

Vor einigen Wochen hat n-tv eine Ausgabe der Nachrichten für eine Sondersendung ausfallen lassen. In dieser Sondersendung erfuhr man, dass sich ein südländisch aussehender Mann in der Nähe von Köln eine große Menge Substanzen in einem Baumarkt kaufte, aus denen man Sprengstoff herstellen kann. Mehr als diese Informationen lagen nicht vor. Man hätte die Zuschauer also innerhalb von 15 Sekunden umfassend informieren können. Stattdessen wurden 15 Minuten lang die immer gleichen Bilder gezeigt und vage Spekulationen geäußert. Einen Tag später stellte sich heraus, dass der Mann weder eine Bombe bauen konnte, noch eine Bombe bauen wollte. Unterm Strich hat n-tv aus einer Mücke einen Elefanten gemacht und den Zuschauern keine einzige Nachricht geliefert.
Das gleiche geschah, als in Österreich in der Nähe von Innsbruck mehrere Menschen durch eine Lawine getötet wurden. Man wusste von dieser Lawine, von mehreren Toten, die zuvor abseits der Pisten unterwegs waren und davon, dass es sich um eine verhältnismäßig große Lawine handelte. Zu dem frühen Zeitpunkt gab es noch keinerlei Bilder, sodass eine Karte mit dem Unglücksort in Dauerschleife gezeigt wurde. Man ließ es sich jedoch nicht nehmen, 10 Minuten davon zu erzählen und anschließend zu erklären, wie Lawinen eigentlich entstehen und wie man sich bei einer Lawine zu verhalten hat. Von anderen Nachrichten fehlte wieder jede Spur. Auch hier hat n-tv viele verschiedene Nachrichten komplett aus der Sendung gestrichen, um sich während der ganzen Sendezeit mit einem einzigen Thema zu befassen, über das man die Zuschauer in einer Minute hätte umfassend informieren können.
Wie bereits deutlich gemacht werden sollte, sind diese beiden Fälle nur Beispiele. Auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten inklusive des Nachrichtenflaggschiffs Tagesschau erlauben sich seit einiger Zeit häufiger diese eingeschränkte Form der Berichterstattung.
Unterm Strich sind wir also mitsamt den Sondersendungen und Hintergrundberichten schlechter über die Nachrichten des Tages informiert als früher. In den Nachrichten findet keine Themenvielfalt mehr statt. Diese Entwicklung ist bedenklich, da viele für uns relevante Ereignisse dank der fehlenden Berichterstattung hinter unserem Rücken stattfinden können.

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