In der aktuellen Debatte rund um die Zusammenarbeit der Parteien CDU mit der AfD sollte man verschiedene Aspekte auseinanderhalten. Die Frage, ob man den 5-Punkte-Plan der CDU ganz oder teilweise befürwortet oder ablehnt, sollte losgelöst von der Debatte über die Zusammenarbeit mit der AfD behandelt werden.
Man kann darüber streiten, ob ein Gesetz oder Impulspapier nur deswegen falsch wird, weil es von den Falschen unterstützt wird. Man kann ebenso vortrefflich darüber debattieren, ob man die Demokratie schützt und stützt, indem man jegliche Zusammenarbeit und Unterstützung mit und von rechts ablehnt oder ob man selbst die Idee der Demokratie untergräbt, indem man eine demokratisch gewählte und im Bundestag vertretene Partei systematisch ausgrenzt und an ihr vorbei Politik macht – losgelöst davon, wie man zu dieser Partei steht. Zu beiden Streitfragen will ich an dieser Stelle gar nicht Position beziehen.
Ich stelle aber fest: Warum diese Partei seit Jahren im Bundestag sitzt und bei der kommenden Bundestagswahl voraussichtlich zweitstärkste Kraft wird, können sich die Parteien der demokratischen Mitte offensichtlich noch immer nicht erklären – geschweige denn die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Gleichzeitig ist es unerklärlich, warum sich die demokratischen Parteien SPD, Grüne, FDP und CDU nicht mehr auf grundlegene Kompromisse einigen können. Und das bei einem Thema, dass Deutschland seit über 10 Jahren intensiv beschäftigt. Alle hatten genug Zeit, Antworten zu finden. Das Wesen der demokratischen Zusammenarbeit ist der gute Kompromiss. Hier haben alle demokratichen Parteien gleichermaßen versagt.

Wie auch immer man zu diesen Themen steht: in einem Punkt kann man die CDU zweifelsfrei kritisieren: Friedrich Merz hat Wortbruch begangen und das Vertrauen seiner Partei empfindlich beschädigt. Vor nicht einmal 3 Monaten hat sich Merz verbindlich dafür ausgesprochen, dass „weder bei der Bestimmung der Tagesordnung noch bei den Abstimmungen in der Sache hier im Haus auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da von der AfD zustande kommt“.1 Wie soll man sich auf künftige Versprechen und Positionen der CDU verlassen können, wenn praktisch jede Haltung aufgrund einer dynamischen Situation wieder einkassiert werden kann?
In der Sache lässt sich festhalten, dass Merz mit seinen Vorschlägen die Zahl der ungerechtfertigt Einwandernden und die zu selten stattfindenden Abschiebungen nicht in den Griff bekommen wird. Das liegt unter anderem an der mangelden Vernetzung deutscher Behörden untereinander – sowohl zwischen Bund, Land und Kommune als auch auf gleicher Ebene – und dem fehlenden Personal in den Zuständigen Behörden. Stattdessen kündigt Merz praktisch das Schengener Abkommen auf und beschädigt damit eine zentrale europäische Idee. Die CDU schießt mit ihren Vorschlägen teilweise über das Ziel hinaus und würde am Ende trotzdem ebenso scheitern wie in den letzten Jahren die SPD, die Grünen und die FDP. Allein mit der konsequenten Durchsetzung geltenden Rechts wäre schon viel gewonnen. Hier ist die eigentliche Arbeit der Politik zu tun. Ob der von der CDU begangene Tabubruch es also wert war, wird man an den Ergebnissen in ein paar Jahren sehen – spätenstens aber am Wahlergebnis der AfD bei der übernächsten Wahl 2029. Nur könnte es dann zu spät sein, den Fehler wieder gutzumachen.
1https://www.n-tv.de/politik/Merkels-Kritik-an-Merz-im-Wortlaut-article25526531.html [Stand: 03.02.25]