Wenn das Leben unerträglich wird
Sterben und Tod sind Themen, mit denen wir uns nicht sehr gerne befassen. Viele Menschen fürchten sich vor dem Tod und verdrängen das Thema so lange wie möglich. Doch früher oder später werden wir alle damit konfrontiert – sei es durch Todesfälle in der Verwandtschaft, im Freundeskreis, in der Familie oder der bevorstehende eigene Tod. Manche Menschen suchen und finden Trost in der Religion, wenn sie sich mit der letzten Hürde aller Menschen auseinandersetzen. Andere werden durch Religionen noch ängstlicher und wieder andere setzen sich ganz ohne Religion mit dem Sterben auseinander.
Doch was passiert, wenn das Leben unerträglich wird, aber der Tod noch in weiter Ferne scheint? Wie gehen wir damit um, wenn eine uns nahestehende Person leidet und das Leben nur noch eine Last ohne Aussicht auf Besserung ist?
Rein rechtlich in Bezug auf das Thema „Sterbehilfe“ sind diese Fragen schnell geklärt. Allerdings bin ich der Meinung, dass hier ein Korrekturbedarf herrscht, um Menschen das Sterben zu erleichtern.
Um diese Haltung zu verstehen, muss man die Furcht vor dem Thema Tod ablegen und sich mit der Thematik näher auseinandersetzen.
Instinktiv wollen wir alle den Tod vermeiden und unser Leben erhalten. Ohne diesen Lebenserhaltungstrieb könnte die Lebensform „Mensch“ nicht überleben. Entsprechend verständnislos und entrüstet reagiert unsere Gesellschaft auf Selbstmorde.
Doch wir sollten uns auch die Mühe machen, zu begreifen, wie ein Mensch seinen Lebenserhaltungstrieb überwinden und sein Leben beenden kann – und vor Allem: warum!?
Es gibt erschreckend viele Umstände, auf Grund derer sich Menschen umbringen bzw. sich umbringen (lassen) möchten.
Ein Grund ist beispielsweise das hohe Alter und die negativen Begleiterscheinungen, die es mit sich bringt. Viele alte Menschen, die teilweise das 90ste Lebensjahr überschritten haben, leben isoliert und alleine, weil die Freunde bereits alle verstorben sind und die Familie nicht in der Lage ist, sie zu pflegen. Diese Leute erhalten keine Zuneigung und Liebe und vereinsamen in ihren letzen Lebensjahren. Kommen körperliche Gebrechen oder Behinderungen hinzu, können sie nicht mehr am Leben teilnehmen und ihre gesamte Existenz beschränkt sich ausnahmslos auf schlafen, Radio hören, lesen und Fernsehen gucken – falls Augen und Ohren überhaupt noch ihren Dienst tun. Kann man sich wirklich darüber empören, wenn solche Menschen in Würde sterben und nicht buchstäblich dahinvegetieren wollen?
Ein anderer Grund, seinem Leben ein Ende zu setzen, ist das Erleiden einer Depression. Erkennt man eine Depression frühzeitig, kann man sie behandeln oder zumindest in den Griff bekommen. Es gibt jedoch auch einige Fälle, bei denen die verschiedensten Therapien und Medikamente keinerlei Wirkung erzielen. Kann man sich wirklich darüber empören, wenn sich ein solcher Mensch, der definitiv den Rest seines Lebens leiden und nicht glücklich werden würde, das Leben nehmen möchte?
Man könnte generell einwerfen, dass Selbstmord oder die Sterbehilfe eine Flucht vor den Problemen sind, die man im Leben hat und dass evtl. zu früh aufgehört werden würde, nach Alternativen zu suchen.
Überwindet ein Mensch jedoch den vermutlich stärksten Trieb, den er hat, nämlich den Lebenserhaltungstrieb, so bin ich der Überzeugung, dass alle möglichen Alternativen ausgeschöpft sind.
Ein unnatürlicher Tod sollte vermieden werden – nicht immer!