Das alte Spiel: schwarz gegen weiß

Wilhelmine Wulff

Logik im Unterricht
Es ist immer das gleiche Spiel. Weil es so einfach ist, wird die Welt von vielen Menschen in schwarz und weiß bzw. richtig und falsch eingeteilt. Dies gilt auch beim Thema ‚Flüchtlinge aufnehmen‘. Entweder ist man gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland und damit ein Nazi, oder man spricht sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus – dann aber auch bedingungslos, schnell und ohne Kompromisse.
Das wahre Leben ist – auch wenn es die Mehrheit der Gesellschaft nicht wahrhaben möchte – leider nicht so einfach. Auch wenn die sogenannten ‚Gutmenschen‘ oftmals die Augen davor verschließen: Es gibt gute Gründe dafür, nicht unbegrenzt Flüchtlinge in unser Land zu lassen. Mangelnde Kapazitäten für eine menschenwürdige Unterkunft und die Erschleichung von Sozialleistungen durch einige Wenige (!) sind nur zwei solcher Gründe. Man könnte sicherlich noch weitere angemessene Gründe finden, die eine Regulierung der Aufnahme von Flüchtlingen rechtfertigen.
Schwierig wird es, wenn Nazis als ‚Asylkritiker‘ ihre menschenverachtenden Parolen verbreiten. Denn dieser Hass hat nichts mehr mit sachlicher Kritik, die auf guten Argumenten fußt, zu tun. Eine wichtige und gerechtfertigte Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen wird von Menschen untergraben, die Hass verbreiten und zu Gewalt aufrufen.

©Wilhelmine Wulff/pixelio.de

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Die wahren Asylkritiker, die es verdienen, angehört zu werden, können sich kein Gehör mehr verschaffen und werden obendrein fälschlicherweise als Rassisten abgestempelt – weil es eben auch die vermeintlich Aufgeklärten sind, die unsere Welt in schwarz und weiß einteilen und unempfänglich für Nuancen sind.
Eine Wortneuschöpfung zur Bezeichnung von Menschen, die berechtigte Asylkritik – ganz ohne Fremdenfeindlichkeit – üben, wird das Problem nicht lösen. Denn niemand kann Rassisten daran hindern, auch den neuen Begriff für ihre menschenverachtenden Zwecke zu instrumentalisieren. Viel wichtiger ist es, das wir aufhören, mit Begriffen wie ‚Gutmensch‘ oder ‚Asylkritiker‘ zu jonglieren und endlich anfangen, uns auf die Inhalte zu konzentrieren. Wer ganz bewusst und reflektiert eine Aussage hört/liest, muss an deren Inhalt erkennen können, ob es sich dabei um eine gerechtfertigte Kritik oder eine fremdenfeindliche Parole handelt. Es reicht nicht aus, diese Beurteilung anderen zu überlassen: weder den Medien, noch Parteien oder Organisationen.
Damit Menschen dazu in der Lage sind, müssen sie die Kriterien eines logisch gültigen Arguments beigebracht bekommen. Sie müssen lernen, wann eine Aussage wahr ist und wann nicht; wann ein Argument gültig oder zumindest plausibel ist und wann es nur emotional und manipulativ ist. Und sie müssen sich wieder für Fakten interessieren und lernen, sie zu recherchieren und kritisch zu hinterfragen. Nur wenn sie über dieses Wissen verfügen, können sie selbstständig und unbeeinflusst beurteilen, ob Aussagen rassistisch sind oder berechtigte Kritik enthalten. Dies ist eine Fähigkeit, die nicht nur in Bezug auf das Thema ‚Flüchtlinge aufnehmen‘ wichtig ist, sondern von substanzieller Bedeutung für das Leben in einer Demokratie. Was Studenten der angewandten Philosophie im ersten Semester lernen, muss deshalb endlich Einzug in den Schulunterricht erhalten. Nur wenn wir wieder zu denken lernen, können wir auf Probleme unserer Zeit adäquat reagieren.

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