Sexismus im Alltag

Ein Beispiel-Thema für eine langweilige Erkenntnis
Schlechter Journalismus auf der einen Seite und Bürgerbeteiligung an der Diskussion auf der anderen Seite haben sie zum Top Thema der letzten Tage gemacht: die Sexismus-Debatte.
Angestoßen wurde sie bekanntlich von der „stern“-Redakteurin Laura Himmelreich, die über eine unangenehme Begegnung mit dem FDP-Politiker Rainer Brüderle berichtete. Brüderle habe sich ihr genährt, Bemerkungen über ihr Dekolleté gemacht und ihre Hand geküsst. Himmelreich habe seine Annäherungsversuche mehrfach abgeblockt, bis Brüderle von seiner Sprecherin abgeholt wurde.
Die Bewertung dieser journalistischen „Leistung“ steht auf einem anderen Blatt. Ich verweise in Bezug auf diese Debatte und die Berichterstattung über die FDP und ihre prominenten Gesichter auf einen Artikel von mir, den ich vor wenigen Monaten schrieb.
Aber nun ist die Sexismus-Debatte in vollem Gange, gerade weil sich mit Hilfe von Twitter die Bürger daran beteiligen. Viele Erfahrungsberichte von Frauen kann man in den letzten Tagen lesen. Doppeldeutige Sprüche und Anspielungen sowie unanständige Berührungen von Bekannten, Kollegen oder gar dem Chef sind Erfahrungen, die viele Frauen schon mindestens einmal erlebt haben. Kommen diese Situationen völlig überraschend, scheinen viele Frauen viel zu überrumpelt zu sein, um diesem Verhalten Einheit zu gewähren. Sie sagen nichts und öffnen damit Türen für weitere unangemessene „Flirts“.

©www.foto-fine-art.de / pixelio.de

Doch warum sind Frauen mit solchen Situationen überfordert und fühlen sich überrumpelt? Warum ist es so schwierig, dem Mann klar zu verstehen zu geben, dass er zu weit gegangen ist?
Möglicherweise spielt Angst dabei eine Rolle. Vielleicht ist es auch Schamgefühl und Unsicherheit in punkto Sexualität. Doch was auch immer die Gründe sind – das Problem lässt sich nur lösen, wenn Dinge, die gegen den eigenen Willen geschehen, sofort angesprochen werden.
Auf Seiten der Männer herrscht wohl eine allgemeine Verunsicherung. Richtiges Flirten will schließlich gelernt sein. Und bei unterschiedlichen Frauen kann man auch unterschiedlich weit gehen. Doch ein bisschen Empathie, gepaart mit etwas weniger Selbstverliebtheit, könnte schon ausreichen, um sich vorzustellen, wie gewisse Anmachversuche wirken könnten.
Und so gilt mal wieder das eigentlich allen bekannte bla bla: wir Menschen sind soziale Wesen, die Rücksicht auf einander nehmen bzw. Wünsche und Probleme ansprechen müssen, damit ein friedvolles Miteinander funktionieren kann.
Die Sexismusdebatte ist also wieder einmal eine Debatte, die uns zeigt, dass wir uns mit der Rücksichtnahme doch ein bisschen schwer tun.
In diesem Fall mögen allerdings die Hormone die Tugendhaftigkeit der Männer zusätzlich ein Hindernis sein. Aber es ist doch – zumindest für mich – sehr ermüdend, hier auf dieses bekannte „bla bla“ zu verweisen. Denn so brisant uns dieses Thema auch wieder erscheint, so austauschbar ist es. Statt der Sexismus-Debatte könnte ich hier auch mit den Themen „Ausländerfeindlichkeit“ oder „Cyber-Mobbing“ zu dem selben Schluss kommen.
Technologisch haben wir Menschen es in den letzten Jahrhunderten wirklich weit gebracht. Aber wir grillen immer noch Fleisch über dem Feuer, glauben an das Schicksal und können nicht vernünftig mit einander umgehen. Na herzlichen Glückwunsch!

2 thoughts on “Sexismus im Alltag”

  1. Hallo Stefan, technologisch haben wir es vielleicht weit gebracht .. aber z.b. die Atom Ausstiegsdebatte zeigt das wir auch in diesem Bereich nicht vernünftig miteinander umgehen können.

    Was bitte zeigt uns diese Debatte nun ? Das wir als aufgeklärte und offene Generation vielleicht doch nicht so frei sind wie wir uns gerne auf neutralem Boden zeigen und geben ?

    Keine Frage : Sexuelle Belästigung ist und muss bekämpft werden.

    Aber bitte was ist denn sexuelle Belästigung ? Wo ist die Grenze ?

    Was von dem Artikel und der zeitlichen Verzögerung zu halten ist lass ich hier nun mal weg. Das tut nichts zur Sache. Aber ich frage mich ob Frau Himmelreich wohl auch shoppen geht und nach welchen Kriterien sie ihre Kleidungsstücke auswählt. Bei der Auswahl achtet man doch auch darauf das der eigene Körper möglichst positiv dargestellt wird (Po, Problemzonen kaschieren, Querstreifen, Längsstreifen, Farben etc.). Ich frag mich warum Frauen das machen wenn man sie dann nicht darauf ansprechen darf.

    Ist es wirklich schon sexuelle Belästigung wenn man sich anerkennend über den Körperbau einer anderen Person äußert ? Wenn ja dann sollten wir alle den Ganzkörperschleier einführen. Dann wird dieses Problem umgangen. Vielleicht ist der extremistische Bereich des Islams uns ja hier doch woraus ?

    Und andersherum … wenn der verbale Kommentar schon sexuelle Belästigung ist … wie schauts denn dann mit der optischen Belastung aus wenn Frauen mit hochhackigen Schuhen und wackelndem Gang ihren Po präsentieren oder mit tiefgeschnittenen Dekolleté’s ihren halben Oberkörper gebirgsartig dem Publikum entgegenwerfen ?

    Ich finde die ganze Diskussion in der geführten Form absolut unpassend und zeigt nur wie verklemmt wir ach so “weltoffenen” Menschen doch sind.

    1. Huhu Andi,
      ich gebe dir absolut recht. Es ist nicht nur so, dass wir noch immer oftmals nicht vernünftig mit einander umgehen können, wie ich es im Artikel schrieb. Wir scheinen auch – wie du es sagst – verklemmter zu sein, als wir uns selbst eingestehen möchten.

      Ich frage mich hier nur, was die Gründe für diese “weltoffene” Einschätzung sind. Vergleichen wir uns (fehlerhaft) mit anderen Ländern? Ist es lediglich unsere verzerrte Selbstwahrnehmung? Vermitteln uns die Medien durch das häufige Zeigen von Schamlosigkeit ein Gefühl von Offenheit, die wir dann fälschlicherweise verallgemeinern?

      Ob die Verschleierung eine gute Alternative ist, möchte ich bezweifeln.^^

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