Seit dem Start der Serie „The Orville“ im Jahr 2017 hört man oft den Satz, dass die vom „Familyguy“-Erfinder Seth MacFarlane ins Leben gerufene Sience Fiction Serie das bessere Star Trek sei. Diese Aussage kann ich als langjähriger Star Trek – Fan unterschreiben.
Die neuen Star Trek Serien seit „Star Trek: Discovery“ unterscheiden sich deutlich von den früheren Serien. Sie sind deutlich dunkler – sowohl im wahrsten Sinne des Wortes als auch im übertragenen Sinne. Die neuen Star Trek Serien haben nicht mehr viel von dem, was Star Trek mal ausmachte. Sie zeigen nicht mehr eine utopische Zukunft der Menschheit, in der wir vernünftig miteinander umgehen, die Konsequenzen unseres Handelns abwägen und moralisch gute Entscheidungen treffen. Stattdessen wird leichtfertig unnötige Gewalt angewendet und die Bedürfnisse anderer werden zum eigenen Vorteil ignoriert (hier sei nur beispielhaft an die schädliche Wirkung des Sporenantriebs der Discovery erinnert). Die Schiffe im Star Trek Universum scheinen keine richtige Beleuchtung mehr zu besitzen. Alles ist dunkel und ungemütlich gehalten. Die Vorstellung, dass man wirklich Monate auf einem solchen Schiff dienen müsste, wäre abstoßend. Mit Ausnahme von „Strange new worlds“ werden einem in den Serien häufig Superlative aufgetischt. In jedem Abenteuer ist gleich die ganze Menschheit oder das ganze Universum in Gefahr. Man scheint der irrigen Annahme zu unterliegen, dass Geschichten, die weniger als die Vernichtung des Universums zum Thema haben, als langweilig angesehen werden. Also entwickeln die Autoren staffelübergreifende Handlungen, in denen das Universum gerettet werden soll. Leider geht dieser Plan bislang jedes Mal schief. Sämtliche Folgen von „Picard“ und „Discovery“ wimmeln nur so vor Plotholes, Logikfehlern und unglaubwürdigen Wendungen, die aus heiterem Himmel kommen und auf die vorher nicht hingearbeitet wurde. Zudem bleiben fast alle Entscheidungen und Handlungen ohne Konsequenzen, sodass es letztlich völlig irrelevant ist, was in den Episoden geschieht. Beispiel: In der ersten Staffel von „Picard“ begeht Agnes einen Mord und wird nie dafür zur Rechenschaft gezogen – tolle Föderation.
Mit dieser knappen Beschreibung der neuen Star Trek Serien ist auch direkt erklärt, warum The Orville das bessere Star Trek ist. Denn all diese Fehler macht The Orville nicht. Das Schiff ist hell, sodass die Besetzung vernünftig arbeiten kann. Man fühlt sich wohl auf dem Schiff. Gleichzeitig sieht die Brücke mit ihren Konsolen praktikabel aus. Die Geschichten sind Charaktergeschichten der Crew. Sie erleben kulturelle Konflikte mit anderen Spezies, erleiden Verluste, müssen schwierige ethische Entscheidungen treffen und sich mit den teilweise dramatischen Konsequenzen auseinandersetzen. Und vor allem: sie müssen mit allen Folgen ihrer Entscheidung leben. Wenn die Besatzung es zulässt, dass die weibliche Topa als Baby zu einem Jungen umoperiert wird, weil Frauen in der fast ausschließlich männlichen Kultur der Moclaner nicht akzeptiert werden, dann wird intensiv darauf eingegangen, wie diese Entscheidung erlangt wird und welche Folgen das hat – z. B. für die Beziehungen zwischen Menschen und Moclanern. In der dritten Staffel der mittlerweile in „The Orville: New Horizons“ umbenannten Serie wird liebevoll und von allen Seiten beleuchtet, wie Topa merkt, dass etwas mit ihm nicht stimmt und was dafür und dagegen spricht, Topa eine Geschlechtsangleichung zu ermöglichen. Auch die Konsequenzen der Entscheidung wird in aller Dramatik dargestellt, wenn die Ehe zwischen Klyden und Bortus zerbricht. Das ethische Dilemma zwischen der Achtung der moclanischen Kultur und dem Recht auf Selbstbestimmung von Topa macht die Episode zu einer herzergreifenden Folge, die das Schicksal von Trans-Personen in vielen Facetten beleuchtet, ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu erheben. So etwas hat Star Trek in seinen Hochzeiten geleistet. Diese liegen leider schon lange zurück.
Fast alle Folgen von „The Orville“ haben eine relevante Botschaft, die zum Nachdenken über unsere Menschlichkeit anregt. Insbesondere die aktuelle 3. Staffel läuft hierbei zur Hochform auf. Trotzdem sind die Geschichten unterhaltsam, kurzweilig und besitzen auch Action-Elemente. Der Konflikt zwischen der Union und den Kaylon wird seit der 2. Staffel staffelübergreifend weitererzählt – ist in manchen Folgen jedoch allenfalls ein Randthema. Im Gegensatz zu Star Trek wird dieser Handlungsstrang langsam und logisch weiterentwickelt und alles passt inhaltlich sinnvoll zu den bereits vergangenen Folgen. Hier scheinen sich die Autoren der Orville besser an ihre eigene Story erinnern und diese weiterentwickeln zu können als der Writersroom von Star Trek. Bei „The Orville“ ist die Optik stimmig, die Charaktere sind glaubhaft und wir lernen sie richtig kennen. Die Geschichten ergeben Sinn, bauen aufeinander auf, widersprechen sich nicht, sind unterhaltsam, gehen ans Herz und regen zu Mit- und Nachdenken an. Darum übertrifft „The Orville“ die aktuellen „Star Trek“ Serien spätestens seit der 2. Staffel, ist somit das bessere Star Trek und eine richtig gute SiFi-Serie.
Alle Folgen von „The Orville“ bzw. „The Orville: New Horizons“ gibt es bei Disney+