Dein ständiger Begleiter
Vor einiger Zeit sah ich einen Film, in dem es um einen Mann geht, der um jeden Preis in einen zeitlichen „Nexus“ gelangen will. Der Mann ist für die Erreichung dieses Ziels bereit, eine ganze Bevölkerung auszulöschen. Im Nexus spielt die Zeit keine Rolle und man lebt ewig. Wenn man möchte, kann man zu jedem beliebigen Punkt in der Zeit springen. So ist es möglich, in die Vergangenheit zu reisen und sein Leben noch einmal zu leben, um z.B. Fehler, die man begangen hat, zu korrigieren. Genauso gut kann man auch in die Zukunft reisen, um z.B. die Geburt der Kinder seines Enkels zu erleben.
Für den Mann, der in den Nexus möchte, ist dies das Paradies. Er blickt auf das Leben und stellt fest, dass die Zeit wie ein Raubtier sei. Man könne der Zeit entfliehen mit Medizin und neuen Technologien, aber am Ende würde sie einen unerbittlich einholen. Im Nexus hat das Raubtier keine Zähne.
Auch im wirklichen Leben spielt die Zeit eine sehr große Rolle. Unsere Existenz auf Erden ist zeitlich begrenzt und deshalb möchten fast alle Menschen möglichst früh ihren Lebenssinn auf der Welt erkennen und danach leben.
Unser ganzes Miteinander ist auf Zeit gebaut. Wir messen sie mit der Uhr. Viele Menschen leben nach ihr. Sie haben Arbeitszeiten, die es einzuhalten gilt und häusliche Pflichten, die einen Zeitplan erfordern. Selbst in unserer Freizeit planen wir häufig zeitlich, wann wir was tun möchten – anstatt es einfach zu tun, ohne auf die Zeit zu achten.
Unsere ganze Existenz ist geprägt von Stress und Zeitproblemen, die wir uns quasi selbst geschaffen haben. Wer über die Regeln der Zeit herrscht, hat die Macht über alle. Das beste Beispiel ist die kürzlich erfolgte Zeit- halt falsch: Uhrumstellung. Wer die Macht hat und vermeidlich über die Zeit herrscht, beeinflusst das Verhalten von Millionen von Menschen.
Der einzelne Mensch an sich wünscht sich dabei oft, viel mehr Zeit im Leben zu haben. Er schaut oftmals im Alter auf sein Leben zurück und wünscht sich, sie besser genutzt zu haben. Viele Dinge lassen wir im Leben unerledigt zurück, weil wir dachten, es wäre noch so viel Zeit dafür vorhanden. Doch plötzlich hat einen die Zeit unerbittlich eingeholt und es ist zu spät dafür.
©mieter/pixelio
Der von mir erwähnte Film zeigt Menschen, die es in den Nexus geschafft haben. Sie sind überglücklich, denn nun können sie all das tun oder korrigieren, was sie im richtigen Leben versäumt bzw. falsch gemacht haben.
Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Sie besitzen im Nexus zwar keine Ängste mehr, jedoch wird ihnen auch Glück und Freude fremd. Schöne Situationen können sie beliebig oft wiederholen und erneut erleben; schöne Handlungen immer wieder wiederholen. Jedoch verlieren sie dabei jegliche Bedeutung. Nichts ist im Nexus, in dem die Zeit keine Rolle spielt, wichtig und von Bedeutung. Nach einiger Zeit verlassen sie freiwillig den Nexus.
Wenn wir in unserem Leben Ängste auf Grund unserer Vergänglichkeit bekommen, sollten wir uns vor Augen führen, dass uns insbesondere unsere Vergänglichkeit das Leben lebenswert macht. Wir sollten uns die Zeit nicht als Raubtier, das uns erlegen wird, vorstellen. Vielmehr sollten wir die Zeit als unseren Begleiter ansehen, der uns daran erinnert, jeden Tag zu genießen.
Und wenn uns die Zeit letztlich einholt, sollten wir uns vor Augen führen, dass es nicht wichtig ist, welche Dinge wir unerledigt zurück lassen. Viel wichtiger ist doch die Art, wie wir gelebt haben.