Katharina Wieland Müller Genf

Menschenrechte und Religion

Zumindest in westlichen Staaten hat das Konzept der Menschenrechte in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Nicht zuletzt nach den Verbrechen des dritten Reiches hat man Abkommen wie die allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder verschiedene Menschenrechtsabkommen formuliert und zwischen verschiedenen Staaten – auch mit nicht-westlichen Ländern – abgeschlossen. Diese sind rechtlich zwar nicht verbindlich, doch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention gibt es auch eine Übereinkunft, die die Einhaltung der Menschenrechte sicherzustellen versucht und an die sich jeder Bürger jener Staaten wenden kann, die die Konvention unterzeichnet und ratifiziert haben.  Die Vorstellung, dass allen Menschen bestimmte grundlegende Rechte zukommen, die sie vor der Gewalt staatlicher Institutionen und ihrer Mitmenschen schützen, scheint damit eine Idee zu sein, die in weiten Teilen der Welt positiven Anklang findet.

©Katharina Wieland Müller/pixelio.de
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Wenn man sich mit dem Thema Menschenrechte auseinandersetzt, stößt man früher oder später auf die Aussage, die Menschenrechte seien ein westliches Konzept, das mit den Konzepten einiger anderer Kulturen nicht oder nur teilweise in Einklang zu bringen sei. Als Beispiel wird oftmals der Islam angeführt, dessen Regeln z.B. in Bezug auf Frauen und Homosexuelle nicht mit dem westlichen Verständnis von Menschenrechten vereinbar ist. Mahmoud Bassiouni hat sich intensiver mit dieser Thematik auseinandergesetzt und in seinem Aufsatz „Bilanz und Perspektive des islamischen Menschenrechtsdiskurses“ die vier Hauptpositionen zur Vereinbarkeit von Islam und Menschenrechten dargelegt und kritisch untersucht.
Im Verlauf dieser Arbeit werde ich zunächst Bassiounis Darstellung der vier Positionen kurz wiedergeben, um die wichtigsten Thesen und Argumente des islamischen Menschenrechtsdiskurses zu verdeutlichen. Die Auseinandersetzung mit dem islamischen Menschenrechtsdiskurs führt mich zu der Beobachtung, dass stillschweigend die Vereinbarkeit von Menschenrechten und dem Islam als Ziel bzw. die universelle Gültigkeit der Menschenrechte als gegeben vorausgesetzt wird.
Doch warum ist das eigentlich so? Sollten die Menschenrechte wirklich universell gültig und daher auch mit Religionen wie dem Islam vereinbar sein? Oder gibt es plausible Argumente für die Position, dass Menschenrechte und Religion nicht miteinander vereinbar sein müssen? Diese Frage möchte ich im Verlauf dieser Arbeit beantworten.

Zum Essay: Müssen Menschenrechte und Religion miteinander vereinbar sein?

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